Garten-Blog

Tagebuch


10. Dezember 2019 - Nach der Saison ist vor der Saison

Und schwups ist das Gartenjahr 2019 auch schon wieder vorbei. Was hatte ich zu Beginn der Saison für hochtrabende Vorstellungen darüber, wie hoch meine Ernte werden würde. In Gedanken war ich im Sommer ein Selbstversorger in Sachen Gemüse und nicht auf den Zukauf von Gurken, Tomaten & Co. angewiesen. Was für ein schöner Traum.

Die Realität sah leider anders aus. Ich habe unterschätzt, wie enorm wichtig eine umfassende Planung der Saison ist. Neben den Geboten der Mischkultur, Fruchtfolge, Stark- und Schwachzehrer, darf – neben dem Wachstum und Platzbedarf der Pflanzen – die Bedeutung der Zeitspanne von der Aussaat bis zur Ernte nicht außer Acht gelassen werden, um wirklich ein Maximum an Ertrag zu erzielen und somit für ein paar Monate im Jahr halbwegs unabhängig zu sein.

Außerdem muss ich mich wohl damit abfinden, dass 300 Quadratmeter nun wirklich nicht ausreichend sind, um unseren Bedarf an Obst und Gemüse (selbst mit zwei Gemüseverweigerern) auch nur ansatzweise zu produzieren. Die Kinder hätten sicherlich was dagegen, wenn Mami ihre Spielfläche zugunsten eines Kürbis-Ackers opfern würde. Zumindest sagt mir das mein Gefühl…
Wir werden im kommenden Jahr sehen, was alles möglich ist, wenn ich mein Hirn schon im Vorfeld etwas mehr beanspruche und eine Anbau-Strategie, einen Gemüse-Schlachtplan erstelle. Yes! Auf geht`s!


08. Juni 2019 - Erzfeind mit Schmuseschwänzchen

Samstag, 08.06.2019 um 14.23 Uhr Ortszeit: Sichtung des Kaninchens in Nachbars Garten.

Ich bin dem Antichristen begegnet! Zumindest dem des Gärtners. Er hat lange Ohren, Knopfaugen, wackelt ständig mit der Nase, hat ein kuschelwuschelweiches Fell und ist total goldig und verdammt süüüüüß.

Es war in der vergangenen Woche, als wir uns erstmals Aug in Auge gegenüberstanden. Ich kann nicht sagen, wer von uns beiden überraschter war. Ich, die bis Dato den Schnecken die Schuld an den abgefressenen Pflanzen gab und deshalb tonnenweise Kaffeesatz im Garten verteilte (soll helfen), oder der Mümmelmann, der beim Verzehren meines liebevoll umhegten Rotkohls überrascht wurde.

Wahrscheinlich war das Kaninchen total auf Coffein, denn nach ein paar Schrecksekunden raste es zunächst im Zickzack wie von der Tarantel gestochen von einer Ecke des Gartens in die nächste, bevor es dann vor dem Machendrahzaun (ich muss bei dem Wort noch immer an Stefan Raab denken – das nennet man eine gelungene Konditionierung) stehen blieb, den Schwanz hob und durch eine der ultraengen Maschen in den Garten des Nachbarn verschwand.

Ooooookayyy! Was nun?! Ich habe verschiedene Optionen.

1. Auch noch zum angrenzenden Garten des Nachbarn einen Kaninchendraht spannen. Das sind allerdings über 20 Meter und ich würde dabei wohl irreparable Schäden auf meinem recht dicht bewachsenen Seitenstreifen anrichten. Diese Maßnahme werde ich also für den Herbst im Hinterkopf behalten.

2. Nur meinen Gemüsegarten umzäunen. Fällt momentan auch weg, da ich ihn mit einem tollen Flechtzaun (megachic) umrandet habe. Der ist allerdings nur 10 cm hoch. Also kein wirkliches Problem für das Kaninchen. Es sei denn es bekommt in absehbarer Zeit einen Rheumaanfall.

3. Eine Lebendfalle aufstellen, den Nager fangen, woanders frei lassen, um ihn 10 Minuten später erneut im Garten begrüßen zu dürfen.

4. Ich habe auf verschiedenen Seiten gelesen, dass Kaninchen den Geruch von Lavendel nicht mögen, außerdem keine scharfen Aromen. Werde also mit einer Kombination aus Beidem versuchen das Vieh loszuwerden. Mal schauen…

Ich könnte auch immer wieder leckere Möhren etc. in die angrenzende Parzelle werfen, damit Hasi a.) dort bleibt und keine Notwendigkeit sieht meinem Garten einen Besuch abzustatten und b.) mit der Zeit zu fett für den Maschendrahtzaun ( …in the morning…) wird. Kohlblatt mit Nutella könnte schnelle Erfolge bringen. Glaube aber, dass es der Nachbar möglicherweise nicht ganz so entspannt darauf reagieren würde und das Verhältnis etwas leiden könnte.

Somit möge die Lavendel-Chili-Offensive nun beginnen. 
Nachtrag: Meine liebe Freundin Verena wird mir noch Hundefell zur Verfügung stellen (also Hundehaare - der Wauzi hat sein Fell ja noch). Mal schauen, ob der Köter was taugt und sich DAS Kaninchen bei Wahrnehmung des Hundegeruchs vor Angst die Pfoten nass macht. 

 

11. Mai 2019 -  Einäugige unter Blinden

Für Psychologen bietet das Umfeld von Schrebergärten einen hochinteressanten Rahmen für unzählige Fallstudien. Auf ein besonderes Phänomen – ich tüfftel noch an der Ausarbeitung einer hochwissenschaftlichen Benennung – bin ich im vergangenen Jahr aufmerksam geworden.

Meine Hypothese lautet: Alleine die Tatsache, dass eine Person einen Schrebergarten übernommen hat, lässt diese in der Wahrnehmung anderer zu einem „Gott in Grün“ werden. Natürlich mit dem profunden Fachwissen eines Botanikers mit mindestens drei akademischen Titeln. Man wird zum Dr. Sommer der Flora, an den man sich vertrauensvoll mit allen erdenklichen Fragen rund um das Pflanzenreich und angrenzende Themenfelder wendet. Zu abwegig, zu realitätsfern ist der Gedanke, dass die Person mit den zugeschriebenen Attributen sinngemäß gerade mal in der Lage ist (mit Publikumsjoker) eine Sonnenblume von einer Rose zu unterscheiden.

Noch im vergangenen Jahr war ich total irritiert, wenn ich mit Fragen zu z.B. geeigneten Standorten, Lausbefall, Pflanzennamen, Aussaatterminierung oder anderem konfrontiert und anschließend mit erwartungsvollen Blicken bedacht wurde. Zu Beginn erklärte ich noch, dass ich ja erst kürzlich mit dem Gärtnern begonnen hatte und deshalb noch nicht wirklich etwas fundiertes zu der Problemlösung beisteuern könne. Dann passierte es, dass sich die Gesichtsausdrücke wandelten zwischen irritiert, mitleidig oder auch besorgt. „Und duuuuu hast jetzt einen Schrebergarten?“ „Öhm… Jaaaa.“

Sogar mein Mann wurde kürzlich mit einer „Gärtnerfrage“ bedacht, was bei mir einen hysterischen Lachanfall auslöste. Zeigte er sich vor ein paar Tagen doch noch hochgradig beeindruckt davon, dass ich einen Hibiskus als solchen identifizieren konnte.

Wenn Gespräche heute mit: „Sag mal, du als Pflanzenexpertin…“, beginnen, dann weise ich inzwischen nicht mehr auf meine fehlende Erfahrung hin, sondern werfe anmutig meine Haare zurück und widme mich dem Problem. Dabei fühle ich mich immer weniger als Hochstaplerin. Dies könnte zum einen an einem krankhaft überschätzten Bild meiner selbst liegen, oder aber daran, dass ich in den vergangenen Monaten wirklich einiges gelernt habe. Auftrieb gibt mir momentan auch ein Arbeitskollege, der seit zwei Wochen ebenfalls Pächter von 300 Quadratmetern ist und dessen Wissen - formulieren wir es mal nett - ausbaufähig ist. Ein Gesprächsausschnitt: „Hier, ein Willkommensgeschenk.“ „Was ist das?“ „Erdbeerpflanzen!!!!“ Da fühlt man sich doch gleich wie ein Überflieger, wie eine Einäugige unter Blinden.

 

22. April 2019 - Weisse Brombeeren

In der vergangenen Woche ist etwas sehr Merkwürdiges passiert. Als ich mit den Kindern das Tor zu unserer Parzelle aufschloss und den Garten betrat, da fand ich ihn plötzlich gar nicht mehr so hässlich. Dies irritierte mich einigermaßen. Im ersten Moment dachte ich, dass der Grund hierfür wohl psychologischer Natur sei und ich – ähnlich wie bei einer Mutter-Kind-Beziehung – den Garten als einen Teil von mir angenommen habe und somit „blind“ für die Realität geworden bin. Schließlich findet so gut wie jede Mutter ihr Kind hübsch, auch dann, wenn Außenstehende nach einem Blick in den Kinderwagen wohl eher zum Zurückschrecken neigen.

Aber es hat sich inzwischen so einiges getan. Beispielsweise kommt das Steichen der Laube und der Pergola (es gibt tatsächlich einige Stellen an der dort rankenden Brombeere, die nicht mit Farbe zugekleistert sind) einigermaßen voran, was sich keineswegs nachteilig auf das Gesamtbild auswirkt. Einen riesigen Anteil hieran haben meine Schwiegereltern, die sich – wohl aus lauter Mitleid – dazu bereit erklärt haben beim Streichen zu helfen. Es gibt wahrlich angenehmere Tätigkeiten, vor allem für die Ü-70er unter uns. Im Stil der Schwedenhäuser fiel meine Wahl auf Taubenblau in Kombination mit Weiß (letztendlich wäre sogar ein Design aus grünen und lila Tupfen auf gelbem Hintergrund besser gewesen als das vorherige Dunkelbraun mit Depressionsgarantie).

Auch sonst hat sich einiges getan: Die Hochbeete stehen alle, die Natur explodiert geradezu, es wurden die ersten Arbeiten für ein Gurken-Tipi gemacht und ich habe meine erste klapprige DIY-Rankhilfe/Zaun/komische Konstruktion gebaut. Ein Bericht zu den beiden letztgenannten Projekten folgt, wenn diese abgeschlossen sind und diese nicht beim nächsten Windhauch in sich zusammenbrechen.

Ich war sogar so mutig, dass ich bereits Knollensellerie, Brokkoli, Zuckererbsen und Mais ins Beet gesetzt habe (Flies liegt für eventuellen Frost bereit). Auf den Hinweis meiner Schwiegermutter, dass ich die kleinen Pflänzchen doch irgendwie vor Räubern schützen müsse, deutet ich siegessicher auf meinen neu erworbenen „Nagerschreck“. Das kleine Gerät soll dem Hersteller zufolge Bewegungen in einem Bestimmten Radius erkennen und mit hochfrequenten Tönen und Blitzlicht die Tiere dazu zu bewegen nicht über mein Gemüse herzufallen. Das Gerät platzierte ich auch direkt bei den neuen Pflänzchen, damit ihnen bloß kein Unheil widerfährt. … Nur muss man dieses Ding auch anstellen, damit es zumindest den Hauch einer Chance hat seine Funktion zu erfüllen! Hach, wie ärgerlich. Später werde ich mal schauen, was von meinen Pflanzen noch übrig ist.

Nachtrag: Glück gehabt. Den Pfanzen geht es gut.

 

24. März 2019 - Erster Gartentag

Heute war für uns der erste richtige Gartentag 2019. Entgegen der Prognose war das Wetter sonnig und die Temperatur angenehm. Sicher habe ich mir Läuse eingefangen, weil ich auf die glorreiche Idee gekommen bin das Laub und die Zweige unter der Ligusterhecke, die ewig lang ist und die Hälfte unseres Gartens umrahmt, und unter dem Rhododendron zu entfernen. Ich hatte es für eine sehr gute Idee gehalten die Blätter im Spätherbst liegen zu lassen, um Insekten eine Winterunterkunft zu bereiten. Was habe ich mich hierfür gefeiert. Blöd nur, dass ich dabei nicht bedachte, dass sich auch überall die Samen eines direkt an unserer Parzelle stehenden Ahornbaumes befanden, die nun wirklich überall im Garten sprießen. ÜBERALL! Weil sich die Kinder heute eigentlich immer in Hörweite befanden, musste ich meine Flüche und Verwünschungen auf ein Mindestmaß begrenzen. Merke: In diesem Herbst muss es eine Alternative geben, die einerseits einen Unterschlupf für das Getier und anderseits die Erhaltung meiner geistigen Gesundheit in Einklang bringt. Ich kann gar nicht zählen, wie viele im Entstehen befindliche kleine Ahornbäumchen ich heute entfernt habe. Und die Biester hatten teilweise echt schon kräftige Wurzeln.                   

Als ich auf allen Vieren krabbelnd das Laub zwischen den einzelnen Pflanzen mit der Hand zusammenfegte (merke: eine schmalere Harke zulegen), hörte ich die Stimme einer Gartennachbarin wie sie jemanden erzählte, dass sie ihrem Hund in diesem Jahr bereits zwei Zecken entfernen musste. … Kopfkino! Jetzt juckte es nicht nur, es fing auch überall an zu kribbeln.